Ich ging eigentlich mit null Erwartung rein. Dachte mir, na gut, noch ein Survival Crafting Ding, das mir erst Hoffnung macht und dann irgendwo in der dritten Werkbankstufe langweilig wird. Dann stand ich da, nachts, mit einer Fackel in der Hand in meiner lächerlichen Ein Zimmer Hütte, die bei jedem Windstoß verdächtig knarzt.
Draußen schleicht irgendwas Großes rum, mein Charakter atmet wie nach einem 300 Meter Sprint und plötzlich war dieser Moment in Enshrouded da. Dieses kleine Zucken, das sagt ok, vielleicht hat das Spiel doch einen Haken, an dem ich hängen bleibe.
Enshrouded schmeißt dich nicht in ein Tutorial Inferno. Es gibt Quests, ja, aber die fühlen sich eher an wie ein Kumpel, der dir beim Discord Call erklärt, wo du ungefähr lang musst. Hol Holz, bau eine schäbige Axt, finde einen halbwegs sicheren Platz. Fertig. Kein hundert Seiten Menü, kein Skillbaum, der aussieht wie ein PhD Programm. Und das ist eigentlich ganz angenehm.
Der erste richtige Dämpfer kommt, wenn du aus Versehen in den Nebel latscht. Da merkst du recht schnell, dass Enshrouded nicht komplett zahm ist. Die Monster dort haben keinen Humor und das Spiel erwartet, dass du dich vorbereitest. Ich hab anfangs oft gedacht, ich könnte mal kurz reinspazieren, bisschen looten, bisschen gucken. Ja, das war dann schnell ein Grabstein.

Was charmant ist und gleichzeitig nervt wie Sau ist die Art, wie man NPCs findet. Die sind in der Welt verstreut und wirken manchmal wie versteckte Sammelobjekte. Das macht Spaß, wenn man zufällig jemanden entdeckt, aber manchmal sitzt man auch da und fragt sich, ob man jetzt schon drei Stunden am falschen Berg herumklettert.
Worum es in Enshrouded eigentlich geht
Enshrouded ist im Kern ein Spiel darüber, eine zerstörte Welt zurückzuerobern, die vom Shroud überzogen wurde, einem giftigen Nebel, der alles verändert, was darin lebt. Du startest praktisch nackt im Nirgendwo, baust dir aus Ästen und Steinen deine ersten Werkzeuge zusammen und arbeitest dich dann langsam hoch.
Du errichtest eine Basis, suchst verstreute NPCs, die dir neue Rezepte und Arbeitsstationen bringen, erforschst Ruinen und alte Städte und kämpfst dich tiefer in Gebiete vor, die vom Nebel komplett zerfressen wurden. Je besser deine Ausrüstung wird, desto weiter kannst du vordringen.
Es gibt eine Story, ja, aber sie drängt sich nicht auf. Der eigentliche Motor bist du selbst.

Dein Fortschritt. Dein Bauwerk. Deine kleinen ich hab es geschafft Momente, wenn du eine neue Region freischaltest oder endlich ein Set craftest, das dich nicht mehr wie einen gestrandeten Touristen aussehen lässt.
Im Grunde ist Enshrouded eine Mischung aus Aufbau, Loot RPG, Erkundung und dieser typischen Überlebenskampf Mentalität. Weniger linear, mehr mach dir die Welt wieder bewohnbar.
Gameplay von Enshrouded
Gameplay ist die große Mischung, die manchmal richtig gut harmoniert und manchmal etwas knarzt wie mein erstes Holzhaus.
Du sammelst Ressourcen und das machst du sehr oft. Holz, Stein, Kupfer, Leinen, alles was dir in die Finger kommt, wird irgendwann gebraucht. Es fühlt sich an wie die Weiterentwicklung von alten Crafting Systemen aus anderen Spielen, nur etwas eleganter. Die Rezepte sind logisch aufgebaut, aber es dauert, bis man drin ist.
Der große Knackpunkt für manche wird der Grind sein. Ohne ordentlich Materialien läuft hier gar nichts. Selbst kleine Upgrades brauchen oft überraschend viel Zeug. Wenn du also kein Fan von Sammelrunden bist, kann das anstrengend werden.

Dafür ist das Bausystem eine richtige Wucht. Voxel Technik klingt nach Minecraft Klon, aber Enshrouded macht damit etwas Eigenes. Du kannst nahezu alles modellieren. Hügel abtragen. Unterirdische Hallen bauen. Dächer in Formen, bei denen du irgendwann überlegst, ob du Architekt werden solltest. Der kreative Spielraum ist riesig und unfassbar befriedigend, wenn es klick macht.
Das Kampfsystem ist mehr Action Adventure als Survival Prügelei. Dodgen, blocken, Schwachstellen ausnutzen. Nicht auf Elden Ring Niveau, aber auch kein stumpfes Draufhämmern. Ich hatte wirklich ein paar Kämpfe, bei denen ich plötzlich merkte, dass ich die Schultern hochziehe und die Luft anhalte.
Allerdings merkt man auch hier, dass manche Animationen noch etwas steif wirken. Und manchmal kleben Gegner an Kanten fest oder rutschen über den Boden wie auf Schmierseife. Funktioniert meistens gut, aber nicht immer perfekt.

Atmosphäre und Welt
Die Welt fühlt sich kaputt an, aber nicht tot. Embervale wirkt, als hätte hier mal was Großes gelebt und wurde dann richtig böse in den Boden gerammt. Überall Ruinen, kaputte Statuen, halb eingestürzte Türme. Das erzählt ohne viel Text schon genug.
Der Nebel ist das Herzstück der Stimmung. Wenn du diese graue Suppe siehst, die Geräusche dumpfer werden und der Himmel sich irgendwie hässlicher färbt, bekommst du automatisch dieses unangenehme Bauchgefühl. Nicht Horror im klassischen Sinne, sondern eher ein ständiges Bedrohungs Knistern.
Grafisch ist es schön, aber nicht perfekt. Man merkt, dass es viel mit Stil arbeitet und weniger mit Grafikpunch. Texturen sind manchmal etwas matschig, Gesichter sind eher zweckmäßig. Dafür aber eine Welt, die du dir gerne anschaust, weil sie eine eigene Art von Melancholie hat. Und ja, ich hab mich mehrfach dabei erwischt, einfach nur irgendwo auf einem Felsen zu stehen und zu gucken.

Updates welche die Welt ein Stück lebendiger mache
Vor kurzem kam Wake of the Water und hat an ein paar Stellen geschraubt, bei denen man sich schon vorher gefragt hat, warum das eigentlich nicht drin war. Wasser war vorher eher so ein dekoratives Element. Hübsch, aber tot. Jetzt kannst du Wasser richtig nutzen. Es fließt, es sammelt sich, du kannst es für deine Bauideen missbrauchen und plötzlich fühlt sich die Welt ein bisschen natürlicher an.
Das Update bringt außerdem neue Bauteile, neue Rezepte, mehr Dekokram und ein paar Komfortfeatures, die das Bauen weniger fummelig machen. Nix Revolution, aber genau diese Art von Verbesserungen, die ein Spiel im Early Access braucht, um sich runder anzufühlen.
Auch im Kampf und im Shroud gab es kleine Anpassungen. Gegner verhalten sich manchmal etwas verlässlicher, der Nebel wirkt weniger unberechenbar und manche Skills funktionieren jetzt so, wie man sie gerne von Anfang an gehabt hätte.
Aber klar, Wake of the Water ist kein kompletter Gamechanger. Es ist eher ein hey, wir hören euch und wir polieren die Kanten Update. Und das ist genau das, was Enshrouded an dieser Stelle gebraucht hat.

Technik und Performance
Technisch war ich überrascht. Early Access ist oft gleichbedeutend mit Vorsicht bitte, hier kann alles explodieren. Aber Enshrouded lief erstaunlich sauber. Keine Abstürze in meinen Sessions, kaum Glitches, nichts Game Breaking.
Was es allerdings gibt sind kleine Ruckler, wenn viel Welt geladen wird oder wenn man extrem viel baut. Die Performance ist nicht immer konstant. Im Nebel hatte ich häufiger kurze Drops, vor allem, wenn mehrere Gegner gleichzeitig aufploppen. Auch die Beleuchtung hat manchmal ihre Momente, in denen Schatten flackern oder aufploppen.
Auch die KI hat gelegentlich Aussetzer. Manche Gegner verlieren plötzlich komplett das Interesse. Andere rennen im Zickzack, weil sie sich scheinbar nicht entscheiden können, welchen Weg das Pathfinding meint. Ist nicht schlimm, aber es zieht einen kurz raus.
Die Server Performance im Coop ist ok. Die meisten Spieler berichten von stabilen Sessions, aber man merkt deutlich, wenn der Host eine schwache Maschine hat. Dann teleportieren sich Gegner, Projektile verschwinden und Bauaktionen verzögern sich. Das sind alles Dinge, die noch Feinschliff brauchen, aber sie entsprechen dem, was man aktuell im Early Access real erlebt.

Fazit
Enshrouded ist ein Spiel für Leute, die gerne basteln, aber auch mal ein Schwert schwingen wollen. Für Leute, die gerne entdecken, Loot suchen und zwischendurch ihre Base umbauen, weil ihnen einfällt, dass der Dachwinkel nicht richtig sitzt.
Wenn du Survival erwartest, das dich bestraft, wenn du einmal falsch atmest, wirst du hier eher enttäuscht. Enshrouded ist weniger Hardcore, mehr Abenteuer. Es lebt davon, dass du dich darauf einlässt, Stück für Stück besser wirst und die Welt langsam begreifst.
Ich hatte viele kleine Momente, in denen ich dachte, ok, das ist nervig, aber ich bleibe trotzdem dran. Und noch mehr Momente, in denen ich gemerkt habe, wie die Zeit fliegt, während ich eigentlich nur kurz noch etwas abbauen wollte. Ich kann diesem Spiel jedem der mal wieder in eine Welt eintauchen möchte Enshrouded wärmstens empfehlen!
