Mario Kart World stammt wie gewohnt aus dem Hause Nintendo EPD, veröffentlicht wurde es von Nintendo selbst. Erschienen ist das Ganze am 5. Juni 2025 und zwar exklusiv für die brandneue Nintendo Switch 2. Und nein, es nennt sich nicht Mario Kart 9, obwohl es in vielerlei Hinsicht wie der große Nachfolger wirkt. Der Name World steht hier nicht nur für eine neue Weltkarte im Menü, diesmal ist tatsächlich eine frei befahrbare, offene Welt das Kernstück des Spiels. Statt einfach von Strecke zu Strecke zu hüpfen, cruist man durch eine zusammenhängende Spielwelt voller Städte, Wiesen, Vulkane und Renn-Events. Klingt ambitioniert? Ist es auch.
Aber ambitioniert heißt noch lange nicht perfekt. Mario Kart World wirft viele bekannte Serienregeln über Bord, fügt neue Ideen hinzu und verpasst dem Spiel einen frischen Anstrich. Ob das alles so gut zusammenpasst wie ein roter Panzer und eine schlechte Platzierung, schauen wir uns jetzt mal ganz in Ruhe an. Ich hab das Spiel durchgefahren, durchgeraged, durchgelacht und hier kommt meine ehrliche Meinung zu Nintendos neuestem Rennspaß.
Schöner fahren als wohnen
Was als erstes ins Auge fällt: Mario Kart World sieht richtig gut aus. Klar, es ist kein Grafikmonster wie ein High-End-PC-Racer, aber was Nintendo hier auf die Switch 2 gezaubert hat, kann sich sehen lassen. Die Strecken, ob mitten in Neon-Metropolen, durch knallbunte Dschungel oder über glühend heiße Vulkane, sind vollgepackt mit liebevollen Details. Gras wiegt sich im Fahrtwind, Lichter spiegeln sich auf dem Asphalt, und der Himmel wechselt dynamisch die Stimmung, je nach Tageszeit und Gebiet. Selbst beim fünften Mal durch dieselbe Kurve bleibt der Eindruck: Das hier wurde mit viel Herz gestaltet. Und zwar nicht nur technisch schick, sondern auch stilistisch charmant, eben typisch Nintendo.

Besonders die offene Welt kann da richtig glänzen. Es ist einfach ein schönes Gefühl, wenn man nicht direkt ins nächste Rennen springt, sondern erstmal frei herumfahren kann. Man entdeckt kleine Orte, trifft NPCs, und alles wirkt, als gehöre es zusammen. Jetzt kommt das große Aber, so hübsch diese Welt auch ist, sie bleibt leider oft genau das: hübsch anzuschauen.
Die sogenannten P-Switch-Missionen, die überall verstreut sind, laufen fast alle auf dasselbe hinaus. Mal ein paar Münzen sammeln, mal ein paar Gegner crashen, mehr ist da nicht. Nach einer Weile hat man das Gefühl, man fährt durch eine wunderschöne Kulisse, in der leider zu wenig passiert. Die Welt lebt optisch, aber spielerisch wirkt sie manchmal wie ein riesiger Parkplatz mit Deko.

Von der Ideallinie abgekommen
Das Fahrgefühl in Mario Kart World ist grundsätzlich solide. Du driftest, boostest und haust Items raus wie eh und je. Aber irgendwas fühlt sich anders an. Langsamer. Nicht träge im Sinne von schwammig oder schlecht kontrollierbar, aber als hätte jemand am Gaspedal rumgedreht und es auf Familienausflug statt Adrenalinrausch gestellt. Selbst mit einem schnellen Kart und voller Beschleunigung wirkt vieles gedrosselter als in den Vorgängern. Besonders im Vergleich zu Mario Kart 8 Deluxe, das wie ein wilder Rausch durch enge Kurven war, kommt World eher wie eine gemütliche Spritztour rüber mit gelegentlichen Turbo-Eskapaden.

Das ist nicht unbedingt schlecht. Für Neueinsteiger oder jüngere Spieler kann das angenehmer sein, weil man mehr Kontrolle hat und nicht ständig aus der Kurve fliegt. Aber als jemand, der Mario Kart schon im Schlaf mit verbundenen Augen fahren kann, hätte ich mir wieder ein bisschen mehr Geschwindigkeit im Blut gewünscht. Gerade in den Grand-Prix-Rennen zieht sich das Tempo gefühlt etwas, vor allem, wenn man dann auch noch durch die Zwischenstrecken rollt, auf die ich später noch zu sprechen komme. Insgesamt fehlt ein bisschen das knackige, spritzige Gefühl, das sonst so viele Rennen zu wilden Sekunden-Entscheidungen gemacht hat. Hier wird eher gefahren als gefetzt, zumindest meistens.
Mehr ist mehr oder einfach nur mehr Durcheinander
Einer der größten Aufreger (im positiven Sinn) ist definitiv der neue 24-Fahrer-Modus. Mario Kart war ja schon mit 12 Fahrern ein Festival des Wahnsinns, aber mit 24 auf der Strecke ist endgültig Schluss mit Übersicht. Überall fliegen Items, irgendwer schreit immer innerlich, weil er gerade zum dritten Mal in Folge von einem grünen Panzer getroffen wurde, den keiner mehr nachvollziehen kann. Kurz: Es ist ein einziges, großes Chaos und das macht überraschend viel Spaß. Wenn du nicht auf Sieg spielst, sondern einfach nur auf pure Unterhaltung, dann ist das genau der richtige Modus. Man weiß nie, was als Nächstes passiert, und genau das ist der Reiz.


Trotzdem hätte ich mir gewünscht, dass man optional auch wieder zu einem klassischen 12-Fahrer-Modus wechseln kann. Einfach, weil die Dynamik eine völlig andere ist. Bei 24 Leuten auf der Strecke kommst du selten dazu, wirklich strategisch zu fahren. Du bist ständig in einem Getümmel, Items fliegen pausenlos, und die Strecke ist eigentlich nur eine Bühne für Item-Chaos und Platzwechsel im Sekundentakt.
Bei 12 Fahrern hattest du eher das Gefühl, dass du mit gutem Fahren auch konstant vorne bleiben kannst. In World wird das schwieriger. Und je nach Strecke kann es sogar passieren, dass du gefühlt überhaupt keine Luft zum Atmen bekommst, weil du permanent von Mitfahrern umgeben bist. Wie gesagt: unterhaltsam ohne Frage aber ein bisschen mehr Kontrolle über die Spielerzahl wäre trotzdem wünschenswert gewesen.
Wenn Verlieren richtig Laune macht
Der Knockout-Modus ist für mich das absolute Highlight von Mario Kart World. Endlich mal ein frisches Format, das nicht einfach nur ein neues Item oder eine leicht andere Streckenführung bringt, sondern tatsächlich das komplette Rennen auf den Kopf stellt. Hier fliegen nicht nur Panzer, sondern auch Spieler! Runde für Runde scheidet der Letztplatzierte aus, bis am Ende nur noch einer übrig bleibt. Und das erzeugt eine Spannung, die ich so in einem Mario Kart noch nie erlebt habe. Selbst wenn du gerade auf Platz 15 fährst: Solange du nicht Letzter bist, bist du noch im Spiel. Das ist verdammt motivierend.

Was den Modus so genial macht, ist das psychologische Chaos. Du fährst plötzlich nicht mehr, um Erster zu werden, sondern nur, um nicht Letzter zu sein und das verändert alles. Du beobachtest ständig die Minimap, checkst, wer hinter dir ist, und versuchst in Panik, irgendwie nicht den Anschluss zu verlieren. Dazu kommen die bekannten Items, die hier nochmal brutaler wirken, weil ein Treffer über Sieg oder Ausscheiden entscheiden kann.
Und wenn du dann nach zehn Minuten immer noch im Rennen bist, weil du dich Runde für Runde gerettet hast, fühlt sich das wie ein kleiner persönlicher Triumph an. Der Modus hat echtes Suchtpotenzial, weil er schnell ist, spannend bleibt und immer wieder für diese nervenzerfetzenden Last-Minute-Momente sorgt. Ganz ehrlich: Mehr davon.


Grand Prix oder Grand Problem
Eigentlich liebe ich den Grand Prix. Vier Strecken, ein klares Ziel, kleine Turnier-Vibes, perfekt für ein paar schnelle Runden mit Freunden oder alleine. In Mario Kart World ist der Modus natürlich wieder mit dabei, aber diesmal haben sich die Entwickler einen kleinen Kniff überlegt. Oder besser gesagt: einen Stolperstein. Statt einfach vier klassische Strecken aneinanderzureihen, gibt es jetzt immer wieder sogenannte Zwischenstrecken, kurze Abschnitte aus der offenen Welt, die als eigenständige Etappen zählen. Klingt erstmal spannend, oder?

In der Praxis leider weniger. Denn was das Gameplay auflockern soll, bremst es irgendwie aus. Du fährst also erst so eine Zwischenstrecke, manchmal sind das nur ein paar Kurven mit einem kleinen Ziel wie Münzen sammeln oder Gegner rammen, und dann kommst du auf die eigentliche Strecke, aber eben nur für eine einzige Runde. Und genau da liegt das Problem: Diese Strecken verdienen mehr. Viele davon sind richtig schön gestaltet, haben coole Ideen oder tolle Layouts aber du bekommst kaum Zeit, sie zu erleben. Eine Runde und zack, vorbei. Es fühlt sich ein bisschen an, als würdest du ein Menü serviert bekommen und nach dem ersten Bissen wird dir der Teller wieder weggezogen.

Was noch dazu kommt: Der Spielfluss leidet. Du bist ständig im Wechsel zwischen „Mini-Mission“ und eigentlichem Rennen, was manchmal den Rhythmus kaputtmacht. Besonders schade ist das, weil das Spiel eigentlich genug Strecken hat, um einen klassischen Grand Prix zu füllen. Es wirkt fast so, als wollte man unbedingt etwas Neues machen aber dabei hätte das Altbewährte hier besser funktioniert. Und das sage ich als jemand, der gerne Neues ausprobiert. Aber nicht alles, was innovativ ist, fühlt sich am Ende auch rund an.
Online hui, Skillgap pfui
Wenn man heute ein Mario Kart spielt, will man natürlich auch online zeigen, dass man nicht nur gegen Bots Bananen werfen kann. Und zum Glück macht Mario Kart World hier grundsätzlich einen richtig guten Job. Die Rennen laufen stabil, Matchmaking funktioniert flott, Lags hatte ich so gut wie keine und es fühlt sich alles angenehm direkt an.
Selbst bei 24 Spielern gleichzeitig kracht nichts ab, und das ist bei dem Chaos auf der Strecke schon fast ein kleines technisches Wunder. Auch Modi wie Knockout oder klassische Rennen sind problemlos online spielbar, was für viele Stunden Spaß sorgt, gerade mit Freunden oder wenn man einfach mal ein paar Runden gegen die Welt fahren will.

Jetzt kommt das große Aber: Der Skillgap ist in Mario Kart World spürbar größer geworden. Klar, auch in den Vorgängern gab es starke Spieler aber hier trennt sich die Spreu von der Banane richtig schnell. Du merkst schon nach wenigen Rennen, ob du mit dem Boost-System, den neuen Streckenelementen und den Item-Zeitpunkten wirklich vertraut bist oder ob du einfach zum Spielball der Profis wirst.
Gerade im Knockout oder im Survival-Modus kann das ganz schön frustrieren, wenn du ständig gegen Leute fährst, die offenbar 16 Stunden am Tag ihre Kurventechnik schleifen. Und das kann den Spielspaß ziemlich dämpfen, besonders wenn du eigentlich nur locker ein paar Rennen fahren willst, aber stattdessen regelmäßig im Staub landest.
Was fehlt, ist ein optionales Matchmaking nach Skill-Level oder zumindest ein etwas weicher Einstieg für Neulinge. So wie es jetzt ist, wird der Online-Modus für Profis zur Arena aber für alle anderen zur Crash-Test-Strecke. Wenn du also einfach nur zum Spaß spielen willst, ist es manchmal besser, mit Freunden zu fahren oder in den lokalen Modus auszuweichen. Denn obwohl die Technik stimmt, ist der Online-Modus nicht immer das, was man unter „fair“ verstehen würde.

Viel Licht, etwas Schatten und eine Banane zum Abschied
Mario Kart World ist ein Spiel voller Ideen. Es will größer sein, offener, mutiger und das merkt man in fast jedem Winkel. Die offene Welt ist schön designt, die Grafik macht richtig was her, und die neuen Modi wie Knockout bringen dringend benötigte Abwechslung ins altbekannte Kart-Geschehen. Es fühlt sich an wie ein mutiger Schritt nach vorn, einer, bei dem Nintendo vieles ausprobiert und einiges davon auch echt gut trifft. Wenn alles zusammenkommt – ein spannendes Online-Rennen, ein dramatisches Knockout-Finale oder einfach nur ein freier Trip durch die Welt mit chilliger Musik, dann hat das Spiel diese Magie, die man von der Serie kennt.
Aber es gibt eben auch diese kleinen Stolpersteine, die das Gesamtbild trüben. Die P-Switch-Missionen wirken wie Füllmaterial, die offene Welt sieht gut aus, bietet aber spielerisch zu wenig Tiefe. Die Sache mit den Zwischenstrecken im Grand Prix ist ein Designfehler, der mich persönlich jedes Mal rausreißt. Und das allgemein langsamere Fahrgefühl raubt dem Spiel etwas von seiner früheren Rasanz, gerade für Veteranen ein spürbarer Rückschritt. Der Online-Modus funktioniert technisch hervorragend, aber wer nicht zu den oberen zehn Prozent gehört, wird dort oft den Auspuff der Konkurrenz sehen und zwar aus der Ferne.

Unterm Strich ist Mario Kart World ein gutes Spiel, manchmal sogar ein sehr gutes, aber eben kein perfektes. Es ist der mutigste Teil der Reihe seit Double Dash, vielleicht sogar seit dem ersten Mario Kart überhaupt. Und genau deshalb wünsche ich mir, dass Nintendo dranbleibt. Feintuning, mehr Strecken ohne Gimmicks, ein optionaler 12er-Modus und ein sinnvollerer Fortschritt in der Open World würden schon ausreichen, um aus dem nächsten Update oder Add-On ein echtes Brett zu machen.
Bis dahin bleibt World ein starker, wenn auch nicht fehlerfreier Racer, der mich trotz allem oft grinsen lässt. Denn selbst wenn du mal verlierst, irgendwo auf der Strecke liegt garantiert schon die nächste Banane bereit, die jemand anderem den Tag ruiniert. Und das ist doch irgendwie auch Mario Kart.