Ready or Not auf Konsole fühlt sich an wie ein lauter Kopfsprung in ein Becken voller Adrenalin, Düsternis und… Büroflure? Die ersten Stunden mit dem Spiel haben mich ziemlich kalt erwischt. Nicht weil’s schlecht ist – ganz im Gegenteil – sondern weil es sich anfühlt, als hätte jemand die chaotische Shooter-DNA aus CoD & Co rausoperiert und durch Angstschweiß, Taschenlampenlicht und Türrahmen ersetzt. Und plötzlich geht’s nicht mehr um Kills, sondern ums Überleben. Oder noch besser: ums Überlebenlassen. Willkommen in der Welt der taktischen Zurückhaltung.
Einstieg – Keine Gnade für Ungeduldige
Der Einstieg ist… nennen wir’s mal „ehrlich“. Es gibt zwar ein Tutorial, aber das ist eher so eine Art grober Crashkurs in: „Hier sind deine Tools und lern selbst, wie man nicht versehentlich Zivilisten wegballert.“ Ready or Not hält dir keine Händchen. Es zeigt dir kurz den Vorschlaghammer, lässt dich in ein leerstehendes Haus und sagt: „So, und jetzt stell dir vor, hier drin versteckt sich ein Entführer mit einer Schrotflinte.“
Gerade auf Konsole merkt man, dass die Steuerung nicht für hektisches Arcade-Geballer gedacht ist. Es dauert ein bisschen, bis man durchblickt, wie man seine KI-Kollegen koordiniert, wie man Räume sichert und wie man nicht permanent Friendly Fire verursacht. Aber wer dranbleibt, wird belohnt – mit einem Gameplay-Loop, der selten geworden ist: langsam, methodisch und scheißspannend.

Gameplay – Türen treten, Taschenlampen zittern, Nerven flattern
Kern des Spiels ist der klassische SWAT-Fantasie-Loop: aufklären, sichern, stürmen, überleben. Klingt erstmal überschaubar, ist aber in der Umsetzung verdammt intensiv. Du durchkämmst dunkle Häuser, Hotels, Tankstellen oder Crackhöhlen. Jedes Gebäude ist ein Puzzle mit potenziell tödlichem Ausgang. Jeder Verdächtige in Ready or Not könnte schießen, jeder Zivilist im Weg stehen. Und das Spiel ist knallhart, was Regelverstöße angeht. Wer ballert, bevor er „Police, hands up!“ brüllt, kassiert Minuspunkte.
Das Gameplay ist ein Paradebeispiel für „Slow is smooth, smooth is fast“. Es geht nicht ums schnelle Reagieren, sondern ums richtige Planen. Waffen fühlen sich wuchtig an, Treffer sind tödlich – für dich und die anderen. Und gerade auf PS5 funktioniert das dank solidem Controller-Feedback erstaunlich gut. Aber Achtung: Es gibt keine Checkpoints. Ein Fehler kann die ganze Mission kosten. Das kann frustrierend sein oder genau das Richtige für Leute, die’s ernst meinen.

Atmosphäre & Welt – Realismus mit Gänsehautgarantie
Ready or Not ist kein Spiel mit einer offenen Welt oder fancy Story-Kampagne. Es ist eine Simulation – aber eine verdammt stimmige. Die Levels wirken fast schon zu real. Nicht „schön“ im klassischen Sinn, sondern beklemmend echt. Graue Tapeten, knarzende Türen, Neonlicht aus der Hölle. Sounddesign? Bombe. Jeder Schritt, jeder entfernte Schrei, jede Schuss-Salve klingt wie direkt ins Hirn gemixt.
Und gerade auf Konsole, mit Kopfhörer und dunklem Zimmer, kriecht das Spiel unter die Haut. Du gehst in ein stinknormales Reihenhaus – und plötzlich schwitzt du bei jedem Raum. Es gibt keine Musik, kein Drama-Soundtrack, nur dein Herzschlag und das Atmen deiner Spielfigur. Wenn du sowas wie Immersion suchst, ohne dass dir das Spiel ständig „jetzt bist du immersiert!“ ins Gesicht schreit – here you go.

Teamplay & KI – Koordiniertes Chaos oder Einzelkämpfer-Albtraum?
Multiplayer ist der Sweet Spot von Ready or Not. Mit echten Mitspielern wird’s zum kleinen Taktik-Feuerwerk. Sobald jeder halbwegs weiß, was er tut, flutscht das Teamplay: einer sichert die Tür, einer checkt mit Spiegel, zwei flankieren und plötzlich fühlt man sich wie in einer Szene aus Sicario. Wenn allerdings der eine Typ im Squad nur ballert wie in Battlefield, kann’s auch ganz schnell wieder in Slapstick abdriften.
Die KI-Kameraden sind… sagen wir mal: solide bemüht. Sie machen ihren Job – meistens. Klar, sie bleiben manchmal zu lange an der Wand hängen oder reagieren einen Ticken zu spät, aber in den meisten Fällen sind sie nützlich und retten dir mehr als einmal den Arsch.
Gegner-KI? Brutal. Keine Bullet Sponge Clowns, sondern Typen, die sich verschanzen, Fallen legen und auch mal aufgeben – oder eben nicht. Und du weißt es nie vorher.

Technik – Sauberer als gedacht
Für ein Spiel, das ursprünglich am PC zuhause war, schlägt sich Ready or Not auf der PS5 erstaunlich gut. Klar, die Menüs könnten übersichtlicher sein und ein paar Clipping-Fehler tauchen gelegentlich auf. Aber: Die Framerate ist stabil, Ladezeiten kurz, Abstürze gab’s bei mir keine. Steuerung mit Controller? Gewöhnungsbedürftig, aber machbar – vor allem wenn man sich einmal die Shortcuts und Tür-Interaktionen draufgeschafft hat.
Das UI ist manchmal etwas altbacken, besonders in den Ausrüstungsmenüs. Aber hey, wenn du das Spiel ernst nimmst, verbringst du eh mehr Zeit mit dem Schild in der Hand als im Menü.

Für wen ist das hier eigentlich?
Ready or Not ist kein Game für Zwischendurch. Kein Shooter zum Abschalten, kein Multiplayer-Meme-Match. Es ist ein Spiel für Leute, die in Games lieber planen als ballern, lieber hören als sprinten, lieber atmen als rushen. Wer SWAT 4 vermisst, wird sich hier zuhause fühlen. Wer CoD erwartet, wird enttäuscht sein – und vermutlich sehr schnell tot.
Auf der PS5 wirkt das Ganze überraschend rund und durchdacht. Klar, ein paar PC-Altlasten sind noch spürbar, aber wenn du Bock auf taktische Einsätze hast, bei denen du mit jeder Tür neu überlegen musst, ob du klopfst oder sprengst, denn dann bist du hier goldrichtig.
