Ich hab mich eigentlich nur mal kurz hingesetzt, um ein paar Stationen auf der Berliner U3 abzufahren. Zwei Stunden später wusste ich, wo die Notbremse ist, welche Taste die Tür freigibt und dass man bei Simulationsspielen ernsthaft ins Grübeln kommt, ob man nicht lieber Lokführer statt Redakteur geworden wäre. SubwaySim 2 ist keine wilde Achterbahnfahrt, aber wer in seiner Freizeit gerne Fahrpläne optimiert und dabei Regen auf die Windschutzscheibe plätschern hört, der könnte hier überraschend viel Zeit verlieren.
Von 0 auf Dienstfahrt
Der Einstieg bei SubwaySim 2 ist erstaunlich smooth. Es gibt ein Tutorial, das einem die wichtigsten Knöpfe zeigt, ohne dabei gleich so zu tun, als würde man ein echtes U-Bahn-Diplom machen. Die UI ist aufgeräumt, die Steuerung halbwegs selbsterklärend – zumindest, wenn man weiß, was „Türfreigabe“ und „Zugbereitstellung“ im Alltag so bedeuten. Man startet nicht in einem komplizierten Menüwirrwarr, sondern direkt auf der Strecke. Und das fühlt sich gut an.
Klar, nicht alles wird bis ins Letzte erklärt. Einige Funktionen erschließen sich erst, wenn man’s einfach ausprobiert oder den dritten Fahrgast genervt auf die noch geschlossene Tür starren lässt. Aber für ein Sim-Spiel ist der Einstieg angenehm niedrigschwellig. Man wird nicht gleich mit Schalterwänden erschlagen wie in manchen Flugzeug-Sims – was erfrischend ist, wenn man sich einfach mal auf den Fahrersitz setzen und losrollen will.

Alltag auf Schienen oder: Wie spannend kann Stillstand sein?
Was man in SubwaySim 2 macht, ist schnell erklärt: fahren. Und zwar zwischen real nachgebildeten Haltestellen in Berlin und Hamburg. Wer jetzt Gähnen will – halt, Moment. Denn innerhalb dieses engen Rahmens versteckt sich eine erstaunlich gute kleine Routine. Türen auf, warten, schließen, anfahren, sanft abbremsen, pünktlich bleiben. Klingt wie Arbeit, fühlt sich aber irgendwie meditativ an. So wie Rasenmähen in PowerWash Simulator – nur halt mit Tonnen Stahl und 60 km/h im Tunnel.
Drei U-Bahn-Linien stehen zur Verfügung: Berliner U1 und U3 sowie die Hamburger U3. Die Züge – A3L92, HK und DT5 – fahren sich alle unterschiedlich, wirken aber glaubwürdig. Wer den DT5 mal in echt gefahren ist, merkt: Das passt schon. Auch Geräusche und Fahrverhalten wurden ordentlich umgesetzt. Besonders charmant: Man kann sich im Zug frei bewegen. Muss man nicht, ist aber irgendwie cool.
Was fehlt? Mehr Gameplay drumherum. Klar, es gibt einen Karrieremodus mit kleinen Szenarien (Regen, technische Störung, Verspätung…), aber das bleibt eher Beiwerk. Wer langfristige Ziele sucht oder irgendwie Progression will, wird nicht fündig. Das hier ist kein Karrieresystem mit Upgrades oder Freischaltungen. Es ist eher: Fahr und freu dich an der Fahrt. Das reicht manchen – anderen eher nicht.

Welt, Stil und Stimmung… Berlin, aber digital in SubwaySim 2
Grafisch macht das Spiel keinen Riesensprung, aber was da ist, sieht gut aus. Die Bahnhöfe sind solide nachgebaut, inklusive Details wie U-Bahn-Schildern, Sitzbänken, Graffiti und natürlich der klassischen Berliner-Straßenlaternenästhetik. In Hamburg gibt’s die Elphi, in Berlin die Oberbaumbrücke – alles da.
Die Lichtstimmung ist angenehm. Regen prasselt glaubhaft gegen die Scheibe, der Sonnenuntergang überm Bahnsteig ist nett anzusehen. Auch die Innenräume der Züge wurden liebevoll umgesetzt. Leider ist das U-Bahn-Publikum eher… sagen wir: klonartig. Die Passagiere sehen aus, als wären sie in einem Copy-Paste-Albtraum gefangen, bewegen sich wenig und verhalten sich komplett neutral. Das hilft der Stimmung nicht gerade. Auch die Tunnel – eigentlich der halbe Spielinhalt – sind oft etwas zu hell. Realismus? Naja. Aber wenigstens sieht man, was passiert.
Der Sound ist funktional. Die Ansagen sind okay, das Fahrgeräusch solide, der Funkverkehr eher leise. Hier wäre mehr Atmosphäre drin gewesen – aber immerhin klingt nichts falsch.

Multiplayer und Community
Hier können wir’s kurz machen: SubwaySim 2 ist ein reines Singleplayer-Spiel. Kein Multiplayer, keine KI-Konkurrenz, keine Management-Optionen à la Transport Tycoon. Du fährst. Allein. Und das ist auch völlig okay – das Spiel will keine Konkurrenz aufbauen, sondern Entschleunigung. Die Frage ist nur, wie lange das motiviert.
Technik läuft, meistens
Auf dem PC lief bei mir alles rund. Keine Abstürze, keine Bugs, keine nennenswerten Probleme. FPS bleiben stabil, auch in größeren Stationen. Auf Konsole – besonders PS5 – berichten einige Spieler allerdings von Performanceeinbrüchen, vor allem in der Berliner Karte. Das ist schade, weil’s genau die Momente betrifft, wo man eigentlich entspannt cruisen will.
Positiv: Die Entwickler patchen zügig. Kleinere Bugs wurden in den ersten Tagen nach Release schon ausgebügelt, der Support wirkt erreichbar. Für ein Nischenspiel mit Sim-Fokus ist das keine Selbstverständlichkeit.

Für wen sich das lohnt
SubwaySim 2 ist genau das, was draufsteht: eine liebevoll gebaute U-Bahn-Simulation mit realen Strecken, entspannter Stimmung und überraschend solider Technik. Wer was mit Bahnsimulation anfangen kann, wird sich hier schnell zuhause fühlen. Es ist kein tiefes Managementspiel, keine Karrieresimulation, kein „Ich bau mir ein Verkehrs-Imperium“-Game. Es ist pure Routine – aber in einem guten Sinne.
Wer sich beim Fahren entspannen will, auf Details steht und sich gern in reale Systeme reinfuchst, bekommt hier ein Spiel, das erstaunlich viel Ruhe ausstrahlt. Wer hingegen Action, Story oder spielerischen Tiefgang sucht, wird nach ein paar Fahrten wieder aussteigen. Für Bahn-Nerds, Sim-Liebhaber und Leute mit Hang zum gepflegten Tunnelblick aber: ein schöner kleiner Fahrplan für zwischendurch.
