Xenopurge ist kein Spiel für hektische Dauerfeuerfans, sondern für kühle Strategen mit einem Hang zur Retroästhetik und Nervenkitzel aus der Kommandozentrale. Entwickelt von Traptics und veröffentlicht von Daedalic Entertainment, wurde das Spiel am 11. Juli 2025 im Early Access auf Steam für den PC veröffentlicht. Und um das direkt klarzustellen: Ja, es sieht aus, als hätte jemand 1984 einen Alienfilm in einen DOS-Rechner gezwängt und gesagt „Mach was draus“. Aber was da rausgekommen ist, wirkt überraschend frisch. Xenopurge setzt auf ein ungewöhnliches Echtzeit-Taktikprinzip, das stark in Richtung Auto-Battler geht, aber sich dabei nicht auf Arena-Duelle verlässt, sondern eine düstere Alien-Invasion zum strategischen Überlebensspiel macht.
Statt deine Truppe direkt zu steuern, gibst du Befehle, beobachtest, verzweifelst, hoffst und flüsterst innerlich bitte nicht da lang wenn du weißt, dass da gleich was aus der Wand kommt. Das Spiel verbeugt sich tief vor Klassikern wie Aliens und XCOM, verzichtet aber auf den üblichen Bombast und baut seine Spannung ganz reduziert über Sound, Stil und systematische Überforderung auf. Das klingt seltsam? Ist es auch. Und genau deshalb verdient es einen genauen Blick.
Befehl ist Befehl – Das Gameplay von Xenopurge lässt dich schwitzen, ohne dass du selbst schießt
Das Herzstück von Xenopurge ist seine taktische Kommandozentrale. Du sitzt nicht auf dem Schlachtfeld, sondern hinter einer Sammlung an grünen CRT-Monitoren und klickst dich durch Menüs, als wärst du in einem alten Militärfilm aus den Achtzigern. Und genau hier entfaltet sich die Faszination des Spiels. Du steuerst eine kleine Einsatztruppe durch verlassene Anlagen voller außerirdischer Bedrohungen, aber nicht mit direkter Kontrolle. Stattdessen gibst du Kommandos wie Suchen, Position halten oder Extrahieren und musst dann zusehen, wie deine Crew mit deinen Entscheidungen klarkommt. Oder eben nicht klarkommt. Wenn sie stirbt, ist sie tot. Permadeath inklusive. Und glaub mir, das passiert schneller als dir lieb ist.
Das Spiel verlangt Planung, Übersicht und Timing. Deine Befehle wirken oft mit leichter Verzögerung, also ist Vorausahnen wichtiger als Reagieren. Du musst Karten analysieren, Prioritäten setzen und deine begrenzten Ressourcen klug einsetzen. In Kombination mit dem Zufallsfaktor der prozedural generierten Missionen wird jeder Lauf zu einer kleinen Feuerprobe. Du kannst nicht einfach durchrushen oder mit purer Gewalt gewinnen. Hier zählt Strategie, und zwar unter Druck. Besonders spannend wird es, wenn alles gleichzeitig schiefläuft und du trotzdem versuchst, die Ruhe zu bewahren. Ein bisschen wie Schach gegen ein Alien auf Speed, nur dass dein Schachbrett piepst, flackert und permanent Panik verbreitet.

Wenn du also auf direkte Kontrolle stehst und gerne selbst die Flinte schwingst, dann könnte dich das Gameplay anfangs verwirren oder sogar frustrieren. Aber wenn du dich darauf einlässt, hat Xenopurge diesen ganz eigenen Reiz. Es ist weniger ein Spiel zum Durchpowern und mehr ein Spiel, bei dem du nach jeder Mission kurz ausatmest und denkst Okay, das war knapp.
Wie aus einem Alptraum auf VHS – Atmosphäre und Interface in Xenopurge
Also wenn Xenopurge eins kann, dann Atmosphäre. Das Ding sieht aus, als hättest du einen alten Röhrenmonitor mit Alien-Schiss drauf eingeschaltet und wärst plötzlich mitten in einer Mission gelandet. Keine Cutscenes, keine Kamerafahrten, keine dicken Explosionen. Du sitzt da, klickst durch Bildschirme und hoffst einfach, dass deine Jungs nicht in irgendeine Schleimkammer platzen. Das ganze Interface ist ultra simpel, aber genau das macht’s so gut. Alles wirkt funktional und glaubwürdig, so als wärst du wirklich der Operator hinterm Einsatz – nicht der Actionheld mittendrin, sondern der, der alles am Laufen hält, während draußen das Chaos losbricht.
Und ey, das Sounddesign haut rein. Nicht laut, aber unangenehm auf die gute Art. So ein leises Brummen, als wär irgendwas hinter dir. Und dann plötzlich ein Warnsignal, irgendein Xeno ploppt im Sichtfeld auf, dein Team schreit kurz, Funkkontakt bricht ab – Puls geht hoch, obwohl du eigentlich nur ’ne Maus bedienst. Dieses Spiel macht dich fertig mit so wenig Aufwand, dass es schon wieder Kunst ist.

Was ich richtig feier: Das Spiel zwingt dich in seine Stimmung. Du willst cool bleiben und planvoll denken, aber dann vercheckst du eine Kamera oder gibst einen Befehl zu spät und plötzlich ist die halbe Truppe tot. Dann starrst du auf den Monitor und denkst nur so… tja, war wohl mein Fehler. Und genau da liegt die Stärke. Es ist nicht hübsch, nicht modern, aber es fühlt sich verdammt intensiv an. Wie so ein düsterer Sci-Fi-Fiebertraum, der irgendwie hängen bleibt.
Neues Spiel, neue Katastrophe – der Roguelite-Loop macht süchtig und weh zugleich
Xenopurge haut dir den typischen Roguelite-Kreislauf um die Ohren, aber ohne die üblichen bunten Upgrades und blinkenden Belohnungen. Hier gibt’s keine Regenbogen-Schwerter oder flashy Explosionen. Stattdessen kriegst du Ressourcen, die du nach einem Einsatz auswertest, ein bisschen Gear, ein paar neue Befehle – und dann heißt es wieder rein ins nächste Alien-Schlamassel. Jeder Lauf fühlt sich anders an, weil die Maps zufallsgeneriert sind und deine Entscheidungen echt Gewicht haben. Wenn du einen Befehl versägst, merkst du das sofort. Und wenn du überlebst, hast du es dir auch wirklich verdient.
Was das Spiel so spannend macht, ist, dass du ständig zwischen Risiko und Vernunft hin- und hergerissen wirst. Du weißt, da hinten könnte noch Loot sein, aber du hörst schon komische Geräusche aus der Richtung. Deine Truppe ist halb tot, du hast kaum noch Munition, aber irgendwie willst du das Ding noch durchziehen. Und manchmal klappt’s. Manchmal geht alles schief. Aber in beiden Fällen willst du danach direkt nochmal. Nicht, weil du krasse Belohnungen brauchst, sondern weil du wissen willst, ob du es besser kannst. Oder einfach, ob du überhaupt überlebst.

Was mir auch gefällt: Zwischen den Runs kannst du deine Ausrüstung upgraden und neue Truppentypen freischalten. Aber alles schön reduziert, nichts Überladenes. Kein metadurchdesignter Skilltree, der aussieht wie ein Stromkasten. Einfach klare Verbesserungen, die dich in der nächsten Runde vielleicht einen Tick länger am Leben halten. Es bleibt dreckig, es bleibt hart, aber du hast das Gefühl, dass du Fortschritte machst. Und genau das motiviert.
Die Xenos sind keine Idioten – sie hassen dich, und das merkt man auch
Die Aliens in Xenopurge sind nicht einfach Kanonenfutter mit Schleimtextur. Die Viecher sind aggressiv, unberechenbar und manchmal einfach nur fies programmiert. Und das meine ich im besten Sinne. Du weißt nie genau, was dich erwartet. Manchmal patrouillieren sie stur durch Gänge, manchmal lauern sie still in dunklen Ecken, und manchmal rennen sie einfach blindlings auf deine Leute los, als hätten sie genau gerochen, dass deine letzte Einheit gerade nachgeladen hat. Dieses Verhalten sorgt dafür, dass du ständig unter Spannung stehst. Du kannst nie einfach chillen und sagen Alles unter Kontrolle. Denn das ist es meistens nicht.

Was echt clever ist: Die Gegner verhalten sich nicht wie typische Game-KI, die du mit etwas Übung austrickst. Klar, du kannst Muster erkennen, aber sobald du dich zu sicher fühlst, wirft dir das Spiel ein neues Problem hin. Eine Tür, die sich zu früh öffnet. Ein Xeno, der plötzlich ganz woanders auftaucht. Eine Kamerafeed-Störung genau im falschen Moment. Xenopurge spielt mit deinem Vertrauen in die Systeme und zerlegt es dann, wenn du es am wenigsten brauchst.
Und dann ist da noch das Design der Gegner. Kein Hochglanz-Giger, sondern richtig schön eklig. Aus schemenhaften, verpixelten Bewegungen entstehen Kreaturen, bei denen du nicht mal genau sehen willst, wie sie aussehen. Du weißt nur: Wenn eins davon auf deine Leute trifft, wird’s ungemütlich. Die Soundeffekte tun ihr Übriges. Ein Gurgeln, ein Kreischen, ein Funkabriss. Und du starrst auf den Monitor und denkst dir nur Nein, nicht schon wieder.

Die Gegner in Xenopurge machen das Spiel nicht nur gefährlich, sondern lebendig. Du hast das Gefühl, dass da wirklich etwas durch diese Stationen kriecht. Etwas, das dich nicht nur stoppen, sondern auseinandernehmen will. Und das verleiht dem ganzen Spiel eine brutale Dringlichkeit, die man in anderen Taktikspielen oft vermisst.
Kein Glanz, aber Substanz – Technik, Performance und der Stand im Early Access
Xenopurge ist technisch kein Brecher, aber das will es auch gar nicht sein. Das Spiel läuft auf fast allem, was irgendwie Strom hat, und das ist in dem Fall auch ein echter Pluspunkt. Du brauchst keine High-End-Kiste, um dich von grünen Monitoren anbrüllen zu lassen. Selbst auf einem Steam Deck macht das Ganze eine solide Figur. Die Ladezeiten sind kurz, das Interface ist schnell bedienbar und das Spiel bleibt auch dann flüssig, wenn auf den Bildschirmen die Hölle losbricht. Kein Ruckeln, keine Abstürze, keine wilden Effektsalven. Einfach ein ruhiger, technischer Unterbau, der dir erlaubt, dich voll auf die Inhalte zu konzentrieren.
Natürlich merkt man dem Spiel den Early-Access-Status an. Hier und da hakt es mal im UI, manche Menüs fühlen sich ein bisschen sperrig an, und ja, es fehlen auch noch ein paar Komfortfunktionen. Zum Beispiel gibt es bisher keinen Fast-Forward-Modus, was bei längeren Runs schon mal nerven kann. Gerade wenn du deine Route geplant hast und nur noch auf Ausführung wartest, wünscht man sich manchmal einen kleinen Schub nach vorne. Aber hey, das steht schon auf der Roadmap, und die Entwickler sind bisher ziemlich transparent unterwegs. Bugs gibt es, klar, aber keine katastrophalen. Eher so Kleinigkeiten wie visuelle Glitches oder ein Kommandofenster, das sich mal querstellt.

Was man loben muss: Die Präsentation ist konsistent durchgezogen. Der Retro-Look ist nicht nur ein Gag für den Trailer, sondern zieht sich bis ins letzte Menü. Das sorgt dafür, dass du nie aus der Immersion fliegst. Selbst wenn du gerade Optionen durchklickst, wirkt alles wie Teil dieser alten, rostigen Welt. Das hat Stil. Und Substanz. Auch wenn das Spiel technisch einfach gestrickt ist, nutzt es genau das als Stärke. Es versucht nicht mehr zu sein, als es ist. Und in einer Zeit, in der jeder Indie-Titel versucht wie ein AAA-Spiel auszusehen, ist das erfrischend ehrlich.
Fazit – Ein schmutziges Meisterwerk im Tarnmodus
Xenopurge ist so ein Spiel, das dir nicht direkt ins Gesicht springt, sondern langsam unter die Haut kriecht. Du startest einen Run, denkst dir Na gut, ich guck mal rein und drei Stunden später sitzt du immer noch da, mit verkrampfter Maushand und dem Gefühl, dass deine letzte Mission eigentlich richtig lief, bis du diese eine Tür geöffnet hast. Und genau da liegt der Reiz. Es belohnt keine Reflexe, keine Muskelgedächtnis-Kombos. Es belohnt gute Planung, Nerven aus Stahl und den Willen, nach einem katastrophalen Fehlschlag einfach nochmal reinzugehen. Weil du weißt, dass du’s besser machen kannst. Oder wenigstens besser scheitern.
Man muss ehrlich sein: Das Spiel ist nicht für jeden. Wer Action will, direkte Kontrolle oder visuelle Reizüberflutung, der wird hier nach fünf Minuten wieder raus sein. Xenopurge ist langsam, es ist fordernd und es verlangt Geduld. Aber es ist auch verdammt atmosphärisch, clever designt und extrem immersiv. Die Art von Spiel, die du nicht einfach durchzockst, sondern bei der du jeden Erfolg spürst und jeden Fehler analysierst. Und genau das macht es besonders.
Ich hab in meiner Zeit schon viele Roguelikes gespielt, viele Taktikspiele und auch viele Indie-Titel, die irgendwas anders machen wollten. Xenopurge ist einer von denen, bei dem der erste Eindruck täuscht und der zweite dann hängenbleibt. Kein polierter Hochglanz, aber ein Spiel mit Charakter. Ein Spiel mit Zähnen. Und eines, das dich in seiner Welt gefangen nimmt, ohne auch nur eine einzige Zwischensequenz zu brauchen.
Für mich ist das ein echter Geheimtipp. Wenn du was suchst, das dich fordert, überrascht und manchmal auch ärgert, aber auf eine gute Weise, dann schnapp dir das Ding. Und wenn du nach dem dritten verkorksten Run immer noch denkst Ich hätte die Kamera früher schwenken sollen, dann weißt du, dass es dich erwischt hat.